Vorzeitiger Samenerguss, auch Ejaculatio praecox genannt, betrifft viele Männer. Die Scham, darüber zu sprechen, führt dazu, dass sich viele Männer mit diesem Thema alleine fühlen. Als Sexualtherapeutin weiß ich, dass der vorzeitige Samenerguss mit einem sehr hohen Leidensdruck verbunden ist. Manche Männer ziehen sich deshalb von jeglicher Intimität zurück. Die Sorge, dadurch nie eine Partnerin zu finden, ist psychisch sehr belastend. Die gute Nachricht ist, dass es Hilfe gibt, um die Kontrolle über den Samenerguss (wieder) zu erlangen. 

In diesem Artikel wollen wir die Ursachen und eine effektive Behandlungsmöglichkeit des vorzeitigen Samenerguss genauer unter die Lupe nehmen:

• Was sind die Hauptursachen des vorzeitigen Samenergusses und warum verschlimmert sich das Problem so oft?
• Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, um die Ejakulation wieder kontrollieren zu können?

Doch zunächst ein paar wichtige Zahlen zum Thema.

Leistungsangst oder Leistungsdruck stellen tatsächlich die Hauptursache für den vorzeitigen Samenerguss dar. Die damit verbundene Angst führt zu einer übermäßigen Aktivierung des sympathischen Nervensystems während des Geschlechtsverkehrs. Diese Aktivierung des Nervus Sympathikus (= Stressnerv) beschleunigt wiederum die Ejakulation.

Vielleicht hast du dir in jungen Jahren - mit oder ohne exzessiven Pornokonsum - angewöhnt, bei der Masturbation sehr schnell zu kommen. Vielleicht bist du bei deinen ersten Verabredungen sehr aufgeregt, weil du dir nicht sicher bist, wie du eine Frau richtig befriedigen kannst. Vielleicht fühlst du dich nicht wohl in deinem Körper und findest deinen Penis nicht schön genug.

Was auch immer die genaue Ursache für dein zu schnell kommen beim Sex ursprünglich war, es führt früher oder später dazu, dass du Angst und Stress vor der Intimität mit einer Frau entwickelst. Es gibt sogar Männer, die so sehr unter dem vorzeitigen Samenerguss leiden, dass sie aus Scham und Angst jede Form von Intimität mit einer Frau vermeiden.

All das muss nicht sein, denn gerade beim vorzeitigen Samenerguss kann in den meisten Fällen sehr gut geholfen werden. Doch es kommt auf die Form der Hilfe an. Oftmals reicht es nicht aus, nur über das Problem zu reden. Mehr über meinen Behandlungsansatz erfährst du noch. 

Der Zusammenhang zwischen Leistungsangst und vorzeitiger Ejakulation liegt in der Art und Weise, wie unser Körper auf Stress reagiert. Wenn wir uns gestresst oder ängstlich fühlen, wird das sympathische Nervensystem aktiviert, ein Teil des autonomen (unwillkürlichen) Nervensystems, das für die sogenannte Kampf-oder-Flucht-Reaktion verantwortlich ist. Dies führt zu einer Erhöhung der Herzfrequenz, einer beschleunigten Atmung, einer erhöhten Muskelspannung und einer verstärkten Durchblutung der Muskulatur, um den Körper auf eine mögliche Bedrohung vorzubereiten.

Evolutionsbedingt ist ein längerer Geschlechtsverkehr bei Gefahr nicht vorgesehen. Angst oder Stress führen daher entweder zu Erektionsproblemen oder zu vorzeitigem Samenerguss. Beides ist für den Mann extrem belastend, denn entweder geht die Erektion während des Geschlechtsverkehrs verloren oder er kommt extrem schnell.

Dem Sympathikus steht der Parasympathikus gegenüber, ein weiterer Teil des autonomen (unwillkürlichen) Nervensystems, der für die Entspannungsreaktion des Körpers verantwortlich ist. Wenn der Parasympathikus aktiv ist, sinkt die Herzfrequenz, die Atmung verlangsamt sich und der Körper kann in einen entspannten Zustand zurückkehren. Dieser Zustand ist günstig für die sexuelle Ausdauer und die Verzögerung der Ejakulation.

Um den vorzeitigen Samenerguss zu überwinden, ist es also wichtig, Strategien zu entwickeln, die den Sympathikus beruhigen und den Parasympathikus aktivieren. Vielleicht hast du in diesem Zusammenhang schon einmal etwas über bewusstes Atmen gelesen. Gerade über die Atmung kannst du dein Nervensystem sehr schnell vom Sympathikus auf den Parasympathikus umschalten. Oft gelingt das aber nicht wirklich ohne professionelle Hilfe.